Stickerei

Der kontinuierliche Arbeitsablauf in einem Stickereibetrieb hängt von vielen Details ab. Der Arbeitsfluss kann durch kleine, unscheinbare Faktoren, wie z. B. lieb gewonnene Gewohnheiten, unregelmäßige Arbeitsverfahren und schlechte Produktionsvorbereitung ins Stocken geraten. Aber auch grundlegende Dinge, wie die Arbeitsplatzgestaltung und die sorgfältige Auswahl von Werkzeugen und Geschäftspartnern, können Unterbrechungen und Ausfälle minimieren.

Organisieren Sie Ihre Räumlichkeiten so, dass die unterschiedlichen Arbeitsbereiche entsprechend der logischen Arbeitsfolge angeordnet sind. Optimal ist es, einen Bereich für die eingehenden Warenlieferungen zu haben, sodass die Ware nach der Anlieferung auf Vollständigkeit überprüft und den Lagerplätzen oder sofort den Aufträgen zugeordnet werden können. Vorteilhaft kann es sein, wenn in diesem Bereich auch die Stickgarne nach Farbcodes sortiert leicht zugänglich lagern. So ist es in einem Zug möglich, alle benötigten Materialien, zu denen auch Applikationen gehören können, fertig zu kommissionieren. Die komplett zusammengestellten Textilien mit sonstigem Zubehör können nun in der Warteschlange der Stickaufträge eingereiht werden.

Rahmen hängen griffbereit an der Wand nahe der Einspannhilfen (links) – vorne im Vordergrund hängt eine Sprühdose mit temporärem Sprühkleber an einem Rückzuckdraht; der Capdrive hat seinen Platz an Halterungen unter der Decke direkt über der Maschine (rechts).

Die nächste Station ist die Arbeitsvorbereitung. Hier erfolgt die Vorbereitung der Textilien zum Sticken. Die dazu benötigten Werkzeuge wie Lineal, Markierutensilien, Stickvlies, Einspannhilfen und Rahmen haben hier ihren Platz und sind stets einsatzbereit.

Als nächste Station folgen die Maschinen. Danach benötigen Sie einen Arbeitsplatz für die Nacharbeiten, wie das Entfernen von Vlies  und das Falten der Textilien. Räumlich sollte dieser Platz dicht bei der Arbeitsvorbereitung angeordnet sein. So entstehen keine langen Wege, um Rahmen wieder dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden. Zuletzt benötigen Sie Platz, um die Aufträge versandfertig bzw. abholbereit zu verpacken. Vermeiden Sie unnötige Wege.

System zur Kommissionierung der Textilien für die unterschiedlichen Aufträge
Schaffen Sie sich ein System zur Kommissionierung der Textilien für die unterschiedlichen Aufträge. Klappbare Stapelkörbe/-boxen sind recht praktisch, da man einerseits wenig Fläche für ein größeres Volumen von Textilien benötigt und bei Nichtgebrauch lassen sich diese Körbe/Boxen platzsparend verwahren. Allerdings haben auch fahrbare Kisten/Körbe ihre Vorteile – das Heben von schwereren Behältern entfällt. Die Verwendung von Behältern unterschiedlicher Farben kann die Zuordnung zu bestimmten Abteilungen/Maschinen/Mitarbeitern erleichtern.

Qualität der Verbrauchsmaterialien
Sparen Sie nicht bei der Qualität der Verbrauchsmaterialien! Achten Sie bei der Verwendung von Stickgarnen auf Qualität. Nur zu leicht sind gerade Berufseinsteiger von der Fülle der angebotenen Garne überwältigt und greifen zu günstigen Angeboten. Aber gerade dieses Verhalten kann später viel mehr kosten. Ein Grund  dafür:  bei günstigen Garnen kommt es häufig bei gleichem Farbcode und unterschiedlichen Chargen zu nicht zu übersehenden Farbunterschieden. Es ist natürlich nie ausgeschlossen, dass es auch bei Qualitätsgarnen, besonders bei Naturmaterialien wie Baumwolle und Viskose, leichte Abweichungen gibt. Ich selbst habe diesen Fall allerdings in den letzten Jahren nicht erlebt. 

Ein weiterer Umstand liegt in der Verfügbarkeit der Garne: Wie schnell können Sie dringend benötigtes Garn erhalten? Bei namhaften Firmen ist eine Lieferung meistens innerhalb von ein bis zwei Tagen möglich, sodass Sie bei sorgfältiger Terminplanung Ihrer Aufträge notfalls noch rechtzeitig mit der Produktion beginnen können.

 Regalwand angefertigt mit einem Winkel-Schienensystem für Stickgarn in Original-Kästen mit Sichtfenster und Codierung.Auch beim Unterfaden sollten nicht nur die Kosten für das Garn im Vordergrund stehen; vielmehr sollte der reibungslose Ablauf beim Sticken den Ausschlag geben. Hierfür bietet sich vorgespultes Garn an. Bei der Fülle der angebotenen vorgespulten Bobbins gibt es große Unterschiede – beim Preis wie auch beim gleichmäßigen Ablauf von Anfang bis Ende der Spule. Selbstgespulter Unterfaden erscheint zwar auf den ersten Blick viel günstiger, die Laufruhe und gleichmäßige Spannung von Anfang bis Ende differiert aber und kann im Stickbild sichtbar werden. Zudem sollte man die Zeit, die man für die einzelnen Handgriffe zum Spulen benötigt, nicht unterschätzen. Spätestens im Mehrkopfbetrieb kommt hinzu, dass nicht ganz aufgebrauchte Spulen abgespult werden müssen, um den Arbeitsfluss nicht gleich zu Beginn einer Produktion zu unterbrechen.

Die Qualität der Stickerei hängt von so vielen kleinen Bausteinen ab – einer davon ist auch das verwendete Vlies. Leider gibt es kein Patentrezept – in der Stickerei benötigt man einige unterschiedliche Typen, die natürlich auch von den Aufträgen abhängen. Sehr beliebt ist das wegzureißende Stickvlies, die Nacharbeiten sind hier schnell erledigt, Vliesrückstände sind zügig entfernt. Bei einigen Stickgründen ergibt aber die Verwendung von schneidbarem Vlies die dauerhaft bessere Qualität, besonders für elastische und weichere Materialien. Mit der richtigen Schneidtechnik ist aber auch der Zeitaufwand zur Entfernung der Überreste sehr gering und gerechtfertigt.

Produktionsablauf an der/den Maschine/n
Vergewissern Sie sich rechtzeitig vor dem Beginn der Produktion, ob sämtliche Materialien in ausreichender Menge vorhanden sind. Dazu gehören das Ober- und Untergarn, das Stickvlies und natürlich die Textilien, aber auch die geeigneten Nadeln sollten nicht fehlen.
Enthält das Stickdesign Applikationen? Diese sollten schon jetzt, nach Möglichkeit vorgeschnitten, an dieser Stelle bereitgestellt werden.

Fehlt nur ein Glied in dieser Kette, kann es zur Folge haben, dass Sie die Produktion unterbrechen müssen oder nach dem Aufrüsten der Maschine feststellen, dass sie mit dem Sticken gar nicht erst beginnen können. Mindestens die Zeit zur Aufrüstung der Maschine für diesen Auftrag ist verloren und muss später erneut eingesetzt werden.

Rüsten Sie Ihre Maschine sorgfältig ein. Vergewissern Sie sich, dass die richtigen Nadeln in korrekter Position eingesetzt sind und das die Unterfaden- und die Oberfadenspannungen korrekt sind. Dieses kann einerseits nach Gefühl, andererseits auch mithilfe von geeigneten Unter- und Oberfadenwaagen geschehen.

Treten während der Produktion ständig auf einer Nadel an unterschiedlichen Designpunkten immer wieder Fadenbrüche auf und sonst läuft alles glatt? Ersetzen Sie diese Nadel durch ein frische und das Problem sollte behoben sein.
Je sorgfältiger die Vorbereitung erledigt wird, desto weniger böse Überraschungen wird man während der Produktion erleben.

Führen Sie firmeninterne Standards ein
Sowie man nicht (mehr) alleine im Betrieb tätig ist, spart es viele Missverständnisse und Fehlproduktionen, wenn Arbeitsabläufe von jedem Mitarbeiter in der gleichen Weise verrichtet werden. Das könnte z. B. bedeuten:
Stickdesigns werden entweder entsprechend dem Textil gleich in der Software, z. B. für Caps um 180° rotiert oder alle Designs werden grundsätzlich in der normalen Position gespeichert und die notwendige Rotation geschieht an der Maschine.

Garnkonen werden entweder nach Beendigung einer Produktion oder zu Beginn der Einrichtung der Maschine von der Maschine entfernt und umgehend wieder im Lager einsortiert.
Solche betriebsinternen Regeln erhalten den Arbeitsfluss.

Höhen von Arbeitsplätzen
Stimmen die Arbeitshöhen an den verschiedenen Arbeitsplätzen? Je nach Maschinentyp ist die Arbeitshöhe sehr unterschiedlich. Rückenprobleme bei Ihren Mitarbeitern und Ihnen durch gebückte Haltung bei Arbeiten an der Maschine, die bis hin zum Arbeitskraftausfall führen können, lassen sich im Vorfeld einfach vermeiden. Schaffen Sie die Möglichkeit, die Maschine/n höher zu stellen.

Wenige Zentimeter Unterlage unter den Maschinenfüßen brachten hier die Maschine auf eine für den Bediener rückenfreundliche Arbeitshöhe Maschinenfüßen.  

Oder besorgen Sie sich einen höhenverstellbaren Hocker, der sich auch schnell sehr niedrig einstellen lässt. So kann man sich setzen und in aufrechter Körperhaltung z. B. die Nadeln einfädeln.

Gleiches gilt auch für die anderen Arbeitsplätze. Eine Einspannhilfe für T-Shirts usw. hat meistens eine andere Arbeitshöhe als eine Hilfe zum Einspannen von Ärmeln oder Kappenrückseiten und für die Kappen-Einspanneinrichtungen kann die optimale Höhe erneut abweichen. Diese Höhen hängen auch von der Größe Ihrer Mitarbeiter ab. Daher wären höhenverstellbare, stabile Arbeitstische optimal, Hin- und wieder benötigt man für einen Auftrag mehr Tischarbeitsfläche als üblich. Hierfür eignen sich Klapptische, die nur bei Bedarf Stellfläche beanspruchen und vor allem dort aufgestellt werden können, wo diese zusätzliche Fläche gerade benötigt wird.


Die Arme können bei diese Arbeitshöhe entspannt gehalten werden – der Winkel zwischen Ober – und Unterarm solte möglichst größer als 90° sein.

Pflegen Sie Ihre Arbeitsinstrumente
Warten Sie Ihre Maschinen! Angefangen bei den täglichen Handgriffen, wie der Reinigung des/der Greifer mit nachträglichem Ölen über der wöchentlichen Wartung gemäß Maschinehandbuch bis hin zu den Tätigkeiten, die in längeren Zeiträumen nötig sind. Sollten Sie gerade diese selteneren Arbeiten nicht selbst ausführen, achten Sie darauf, rechtzeitig den Kundendienst zu bestellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine gut gepflegte Maschine plötzlich ausfällt, ist weitaus geringer, als bei einer Maschine, die selten gewartet wird.

Einlesen von Stickmustern
Lesen Sie Ihre Stickmuster noch mit Disketten in die Maschine ein? Immer noch sehr weit verbreitet ist der Einsatz von Disketten als Datenträger. Bei vielen Maschinen, die noch keinen USB-Anschluss o.ä. Möglichkeiten haben, ist es aber sehr häufig möglich, die Maschinen direkt mit dem PC zu verbinden. Die Übertragung von Stickdateien „online“ ist wesentlich schneller als das Schreiben und Einlesen von Disketten. Bei mehreren Maschinen kann es möglich sein, von einem PC aus die Muster an unterschiedliche Maschinen zu übertragen. Sprechen Sie mit Ihrem Maschinenlieferanten und fragen Sie nach Lösungsmöglichkeiten. Das „Turnschuhnetzwerk“ kann so der Vergangenheit angehören.

PC
Entspricht Ihr PC (noch) den Anforderungen Ihres Betriebes? Man muss nicht immer die neuesten Systeme haben, aber man sollte die Entwicklungen in diesem Sektor nicht aus den Augen verlieren! Leicht kann es Ihnen sonst nach einigen Jahren passieren, dass Sie vielleicht keine entsprechenden PCs mehr für Ihre Software bekommen. Eine Aktualisierung, z. B. Ihrer Stickereisoftware auf eine neuere Version alle paar Jahre erhält die effiziente Arbeitsfähigkeit und ermöglicht es Ihnen, nicht im Wettbewerb in der Branche unterzugehen.

Ist Ihr PC für die verwendeten Programme richtig ausgestattet? Diese Frage sollte Ihnen Ihr Softwarehändler beantworten. Viel Zeit kann durch ein zu langsam arbeitendes System verloren gehen.

Haben Sie öfters Probleme mit den Handgelenken durch das ständige Arbeiten mit der Maus? Dann versuchen Sie es doch mit einem Tablett mit Stift. Der Stift übernimmt die Funktionen der Maus und Sie haben eine Handhaltung wie beim Schreiben mit einem Kugelschreiber oder Bleistift.

Stickereisoftware
Nutzen Sie die Möglichkeiten moderner Stickereisoftware. Legen Sie sich unterschiedliche Vorlagen für verschiedene Stoffe direkt in Ihrer Software an. So müssen Sie nicht ständig Anpassungen an Stichdichte- und Länge und vielen weiteren Parametern vornehmen.

Nutzen Sie automatische Funktionen, die Ihnen sinnvoll erscheinen, aber verfallen Sie nicht dem Glauben, dass ein komplettes Stickdesign ohne Anpassungen automatisch gepuncht werden kann – der Zeitaufwand für das Editieren könnte später größer sein.

Importieren Sie Namen für Beschriftungen von z. B. Mannschafts- oder Firmenshirts aus Ihnen vom Kunden digital zur Verfügung gestellten Dateien – sie müssen so nicht alle Namen abtippen und die Verantwortung für die korrekte Schreibweise liegt bei Ihrem Kunden. Gewöhnlich können so die Stichdaten aus einer Stickdatei direkt an die Maschine gesendet werden, selbst wenn einem Design viele unterschiedliche Namen zugefügt werden. Die Datei wird nur ein Mal aufgerufen und mit sämtlichen Informationen versehen. Die einzelnen Stickdateien für die Produktion können dann automatisch erzeugt werden, ähnlich einem Serienbrief in der Textverarbeitung.

Eingabefenster in einer Stickereisoftware. Es ist auch möglich, eine Liste mit Namen auch aus einem anderen Programm durch Kopieren und Einfügen zu importieren.


Speichern von Stickdaten
Wo ist denn nun gerade genau diese oder jene Stickdatei? Haben Sie sich diese Frage schon manchmal gestellt? Der Überblick ist schneller verloren, als man selbst je vermutet hat. 

Heutzutage ist die Lagerung der Stickdateien auf einem elektronischen Speichermedium sicherlich eine schnelle und platzsparende Methode. Es werden keine Räume für Lochstreifen oder Regalmeter für Ordner mit Disketten-Taschen oder Diskettenboxen benötigt. Ein System zum Wiederauffinden von Designs ist aber trotzdem von Nöten. Natürlich kann man sich unter Windows Ordner anlegen, die nach Kategorie, Kunde, Jahr oder anderen Kriterien geordnet sind. Nach einigen wenigen Jahren ist aber auch hier das Auffinden von Mustern schwierig.

Eine Design-Datenbank schafft Abhilfe. Jedes einzelne Design mit spezifischen Suchbegriffen, wie Kategorie, Stichwörtern, Kundennamen u.v.m. wird hier registriert. Später können Designs per Suchbegriff einfach wieder aufgefunden werden. Der Mehraufwand von wenigen Minuten bei der Auftragsabwicklung macht sich auf längere Sicht schnell bezahlt. Das erneute Erstellen eines Stickdesigns, welches entweder nicht aufgefunden werden kann oder dessen Daten auf einer länger eingelagerten Diskette beschädigt wurden, entfällt.


Hier wurde innerhalb einer Designdatanbank nach allen Motiven, die als Suchbegriff Pferd enthalten, gesucht. 

Administration
Organisieren Sie Ihre administrativen Arbeiten, um mit möglichst wenig Aufwand viel zu erreichen. Richten Sie sich eine Kundendatenbank mit einem Buchhaltungsprogramm ein. Einmal eingerichtet ermöglicht Ihnen ein solches Programm, Angebote, Lieferscheine, Rechnungen und Mahnungen schnell schreiben zu können. Außerdem haben Sie sofort Zugriff auf ältere Daten. Gibt Ihnen ein Kunde vor Ort oder telefonisch eine Bestellung mit der Bemerkung „so wie letztes Mal“ auf, können Sie sofort nachsehen und umgehend noch offene Fragen klären – ein erneuter Anruf beim Kunden erübrigt sich so meistens.

Schreiben Sie Ihre Rechnungen sofort nach Auftragsfertigstellung und liefern Sie Ware nie ohne Rechnung aus. Sie benötigen die Zahlung Ihres Kunden, um auch Ihren Verpflichtungen termingerecht nachkommen zu können.

Führen Sie Ihr Geschäftskonto online. So verlieren Sie keine Zeit durch Wege außer Haus. Die Bezahlung von Rechnungen sowie die Überwachung von Zahlungseingängen kann so täglich ohne großen Zeitaufwand erledigt werden. Bieten Sie Ihren Kunden die Möglichkeit, vor Ort bargeldlos zu zahlen. Sie vermeiden so wieder Wege zur Bank, denn wer möchte schon Bargeld in größeren Summen im Betrieb verwahren?
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Uber den Author:
Henry Stümer ist Manager von TexDesign. Neben der Haupttätigkeit, der Beratung und dem Vertrieb für die Stickereibranche, widmet sich TexDesign auch dem regionalen Geschäft der Bekleidungsdekoration. TExDesign wurde 2002 von Henrys Ehefrau Barbara Stümer gegründet. Sie zeichnet sich für den kreativen Teil der Arbeit sowie für die Schulungen verantwortlich. Sie können mit Henry oder Barbara Stümer unter info@texdesign.de Kontakt aufnehmen.